Eisbrecher STEPHAN JANTZEN auf einer
Katalogabbildung Foto/Print: Schiffstypenkatalog VEB BBB, 1982 |
Sammlung: KuWeLa, Güstrow, 2020 | seeleute-rostock.de, 2021
Deutschlands größter, 2005 außer
Dienst gestellter Eisbrecher "Stephan Jantzen", benannt
nach dem verdienstvollen Warnemünder Lotsenkommandeur, wurde 1967 als
letztes Schiff einer Serie von 21 Einheiten gebaut. Der Eisbrecher
wurde auch "Eisenschwein" geherzt.
"Zu diesem Bau entschloss man sich in Auswertung des
strengen Winters 1963, in dem die Sowjetunion der DDR einen Eisbrecher
desselben Typs ... zur Verfügung gestellt hatte, der sich hervorragend
bewährte und ... (die) Volkswirtschaft (der DDR)
vor größeren Verlusten bewahrte.
Die "Stephan Jantzen" ist in der Lage, durch Wind und Strömung
zusammengepresstes Eis von mehr als 2 m Dicke zu durchbrechen.
Dieser Eisbrecher verfügt zusätzlich zu (den) 2
Heckpropellern über einen Bugpropeller, der sich besonders beim
Einsatz in meterdicken, zusammengeschobenen und mit Schneematsch
vermischten Eisschlammschichten auszeichnet, da der Bugpropellerstrahl
die Reibungskraft zwischen dem Schiffskörper und der zähen Eisschicht
herabsetzt." Aus (1)
Die "Stephan Jantzen" wurde nach dem Quer- und Längsspantensystem
gebaut und vollständig geschweißt. Wegen des sehr engen Spantennetzes
und des verwendeten Stahls ist die Außenhaut nur 18 mm stark! Der
Schiffskörper ist komplett so geformt, dass er dem Eisdruck keine
senkrechten Flächen bietet, sondern überall das Eis nach unten
abweist. Die Neigungen des Vor- und Achterstevens betragen jeweils 25°.
Technische Beschreibung des Eisbrechers STEPHAN
JANTZEN 1982 Print: Schiffstypenkatalog VEB BBB, 1982 |
Sammlung: KuWeLa, Güstrow, 2020 | seeleute-rostock.de, 2021
Die "Stephan Jantzen"
absolvierte ihren wohl bedeutendsten Dienst im extremen Winter 1978/79,
als sie Frachtschiffe, die in der vereisten Ostsee gefangen waren,
befreite und diese in Sicherheit begleitete. Und im Jahr 1995 brach der
Eisbrecher bis zu drei Meter dickes, die Ostseeinsel Rügen umschließendes
Eis, was den ansässigen Unternehmen wie z.B. der Volkswerft Stralsund
erlaubte, weiterzuarbeiten.
Hauptdaten
Schiffsname
STEPHAN JANTZEN
Registriernummer
IMO 7117486
Schiffstyp
Hafen- und Reede-Eisbrecher
Typ
Nikitich
Bauwerft
Admiralitätswerft Leningrad
(Petersburg)
Kiellegung
1965
Baujahr / Bau-Nr.
1967 / ...
I.D. / A.D.
1968 / 02.04.2005
Vermessung
2.391,32 BRZ / 2.254 BRT
Tragfähigkeit
1.118 tdw
Länge über alles
67,64 m
Breite
18,28 m
Tiefgang
5,64 m / 4,69 m
Höhe max.
26,3 m
Antriebstechnik
Drei Typ-13-D, 10 Zylinder Diesel,
2-Takt-Gegenkolben, mit je 2.150 PS (1.582 kW)
auf je einen E-Antrieb a 1.800 ePS (1.324 kW)
Geschwindigkeit max.
14,6 kn @ 810-1
Kraftstoffkapazität
700.000 l
Frischwasser
126.000 l
Abwasser
5.600 l
Fahrtgebiet
5.600 sm bei 12 kn @ Ost-
und Nordsee
Besatzung
17 Personen / ex 30 Personen
Reeder bis 1990
Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei
Rostock (BBB)
Reeder bis 2005
Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund
Rufzeichen
bis 1980: DAXZ
bis 1990: Y6DT
bis 2005: DBDD
Die Einsätze der "Stephan
Jantzen" wurden bis 1990 vom Seefahrtsamt der DDR koordiniert. Sie
wurde von zwei Ablöserbesatzungen möglichst im 14-tägigen Rythmus
gefahren. Die Besatzungen waren im Zweiwachenbetrieb rund um die Uhr tätig.
Die Qualifikation des Kapitäns war die eines "Kapitäns auf Großer
Fahrt" nach mehrjähriger Fahrtzeit als Nautischer Offizier mit
besonderer Seeschleppererfahrung insbesondere auf diesem Eisbrecher
selbst.
Diese Reminiszenz an die Seefahrt auch im
Allgemeinen zeigt das "Eisenschwein" 1998 zur Hanse Sail. Vom NDR auf Youtube via H. Wollenberg
Die "Stephan Jantzen" war bis
2005 sage und schreibe insgesamt 38 Jahre in Betrieb. Die Systeme
und Maschinen wurden nach der A.D. weiterhin in gutem Zustand erhalten,
einschließlich Vorwärmung der Antriebs- und Elektromotoren sowie der
Generatoren, alles war auf Stand-by und bereit für den Betrieb. Dies
wurde mit einer erfolgreichen Erprobung am 26. April 2006
bestätigt. Die "Stephan Jantzen" wurde 2005 nach ihrem langjährigen
und zuverlässigen Einsatz durch das neue und zeitgemäße Mehrzweckschiff ARKONA
abgelöst.
Zur Hanse Sail 2009 besichtigten wir die
"Stephan Jantzen" am 08.08.2009 im Werftbecken Warnemünde.
Dabei trafen wir auf einen Seemann, der 20 Jahre lang auf dem
Eisbrecher seine Arbeit verrichtete! Er schaute zwar freundlich in die
Kamera, mochte aber nicht, dass das Foto im Internet veröffentlicht
wird. Wir respektieren natürlich diesen Wunsch.
Klicke auf ein
Vorschaubild für unsere Fotos vom Schiff:
Die STEPHAN JANTZEN am 3. Oktober 2009 im
Stadthafen Rostock Foto: ABa, Hamburg
Am 01.07.2012 war die "Stephan Jantzen"
festlich geschmückt, weil an diesem Tag neben dem 60. Jahrestag der
DSR auch der 60. Gründungstag der einstigen Bagger-, Bugsier- und
Bergungsreederei Rostock war (BBB). Foto: Rolf Beckert, Chemnitz
Nachträge:
Der seit 2005 ehemalige Eisbrecher
"Stephan Jantzen" wurde im Jahr 2006 an einen US-
amerikanischen Privatmann verkauft, verblieb jedoch zunächst in
Stralsund. 2009 wurde das Schiff zur Hanse Sail nach Rostock überführt
und nach dem kurzen Besuch im Werfthafen Warnemünde in den Stadthafen
verbracht, wo es von einer Interessengemeinschaft betrieben wurde und
bis Sommer 2012 sogar öffentlich zugänglich war. Es war ein
unbegreiflicher Hick-Hack um den Verbleib dieses historischen Schiffes
mit seinem wahrlich bedeutsamen Namen entbrannt. Am 5.7.2013 wurde das
Schiff zum Schutz vor weiterem Vandalismus in den Seehafen Rostock
verbracht. Die Frage des Eigentums schien 11/2013 geklärt, und
Vorhaben des Eigners zeigten eine Rückkehr der "Jantzen" in
den Stadthafen an. Aber das traurige Theater um das historische Schiff
dauerte an.
Das Bild zeigt den Schornstein zwar in den
traditionellen Farben, jedoch mit der Marke der damaligen IG 2009-12.
OZ vom 11. Mai 2018:
"Turbulente Versteigerung: Eisbrecher gehört Rostock"
Die Stadt zahlt 25.000 Euro. Die Vereine Societät maritim und
Technische Flotte sollen die STEPHAN JANTZEN betreiben. Hafenkapitän
G. Ruhnke rechnet mit einer weiteren Investition von 50.000 Euro für
die Sanierung des Schiffes.
Quellen:
(1) "Jahrbuch der Schiffahrt 1977", Herausgeber Obering.
Manfred Neumann 1976,
erschienen im transpress Verlag für
Verkehrswesen, Berlin
(2) "Seewirtschaft", Verlag Technik Berlin, Ausgabe 9/1985
(3) Wikipedia.org
(4) Yachtworld.com
Herzlichen Dank
an den damaligen "Virtual Sailor" Andreas Kirschke,
dessen Enthusiasmus letztendlich auch zu diesem Beitrag führte,
an unsere Funker für die Rufzeichen-Recherche sowie an
R. Beckert und H. Wollenberg für ihre Zuarbeiten!
"EB STEPHAN JANTZEN": Seeleute Rostock
e.V., August 2009