Am Sonntag nach unserem Jahrestreffen
2011 machten wir eine kleine und gemütliche Fahrt mit dem Schlepper
PIONIER ex KARL OTTO im Seehafen Wismar und in der Wismarbucht.
Der Schlepper wurde 1891 in Hamburg von
der Werft J.H.N. Wichhorst erbaut und mit einer ca. 55 PS
Verbunddampfmaschine ausgerüstet. Das Schiff versah als Hafenschlepper
seinen Dienst.
Für Anfang der 1930er Jahre ist die Registrierung in
Grabow/Mecklenburg nachgewiesen. In jenen Jahren wurde der Schlepper
nach Rostock zur Fa. "Ludewig Werft- und Bugsierbetrieb"
versetzt. Die Kriegswirren überstand das Schiff unbeschadet.
Anfang 1960 wurde der Schlepper Eigentum der Neptunwerft Rostock. Hier
versah er seinen Dienst als Bugsier- und Reparaturtransport-Schiff.
Ende der 1960er Jahre wechselte der Schlepper nach Wismar zur MTW und
verrichtete hier ähnliche Aufgaben. Vorher wurde sein Antrieb den
neuen wirtschaftlichen Anforderungen angepasst. Eine neue Hauptmaschine
- 6 NVD 26 - wurde eingebaut.
1993 übernahm die Seehafen Wismar GmbH das Schiff, das zu der Zeit vom
Germanischen Lloyd reklassifiziert wurde. Die Seehafen Wismar GmbH
entschloss sich zur Erhaltung des Schiffes, welches dann im April 1997
zum Sportboot / Traditionsschiff wurde.
"Ein Hafenschlepper von 1891 von so guter
Schiffbauqualität", so der Besichtiger, als das Schiff aus dem
Wasser genommen wurde. "Alle Nieten o.k.!" gab er am 27. April 2005
zu Protokoll.
Oldtimer zeigt für Hafen Wismar Flagge
Zu Gast in heimischen Gewässern: der Schlepper
PIONIER/ Einst KARL OTTO von Ludewig
Der Schlepper PIONIER zeigte zur Sail Flagge.
Zur 15. Hanse Sail entdeckten wir einen einen Sail-Neuling, der aber
früher auf der Warnow heimisch war: den Traditionsschlepper PIONIER
des Wismarer Hafens. Vor Jahrzehnten gehörte dieser Schlepper als KARL OTTO
in Rostock zum Hafenbild. Er war Teil der Flotte des
Wasserbauunternehmens Otto Ludewig.
Anno 1891 auf der Hamburgischen Werft J.H.N. Wichhorst erbaut, kam
der Dampfschlepper KARL OTTO nach Rostock und überlebte den
Zweiten Weltkrieg bei Ludewig. Hier beschlagnahmten die Sowjets am 15.
Dezember 1945 das 15,35 m lange Schiff für ihre Zwecke, gaben es
jedoch einen Monat später wieder an Ludewig zurück. Hauptarbeitsfeld
war sein weiterer Einsatz im Wasserbaubetrieb zum Verschleppen der
eigenen Rammen oder das Bugsieren von Flößen mit Rammpfählen auf der
Unterwarnow und durch die Mühlendammschleuse bis nach Schwaan. Oft
beorderte das Rostocker E-Werk den KARL OTTO nach Bramow, um dort
die beladene Ascheschute ASCHENBRÖDEL zum Verklappen ihrer Ladung zu
schleppen. Auch der Einsatz im Auftrag der Neptunwerft zur
Stapellaufassistenz ist überliefert.
Im Jahre 1969 modernisierte Ludewig seinen alten Schlepper und ließ
ihn motorisieren. Einige Monate nach der Verstaatlichung zum VEB
Wasserbau Rostock im ApriI 1972 kam KARL OTTO zum VEB
Schiffsanlagenbau Barth, der für seinen Werftbetrieb einen kleinen
leistungsfähigen Schlepper benötigte, der als Neubau nicht
beschaffbar war. Anfang 1974 wechselte dort das Schiff seinen Namen in
PIONIER. Das bunte Leben des Schleppers ging weiter, als im Mai 1977
sein Verkauf an die MTW nach Wismar folgte. Als Hafenschlepper der
Werft lag seine Hauptaufgabe nun bei den Verholarbeiten im Westhafen.
Nach 1990 erloschen die Arbeitsaufgaben für den Schlepper PIONlER auf
der MTW. Ähnlich wie beim Werftschlepper HAI bedeutete dieses jedoch
nicht das Ende auf dem Schrottplatz. Wahrend der HAI Bestandteil der
historischen Flotte im Alten Hafen von Wismar wurde, kam der Schlepper
PIONIER zum Seehafen Wismar, der ein repräsentatives Fahrzeug suchte,
welches mit überschaubarem Aufwand für den Hafen Wismar Flagge zeigen
konnte. Der Schlepper wurde vollständig instand gesetzt und erhielt
dabei auch wieder seinen dampfertypischen langen, schlanken
Schornstein, obwohl weiterhin ein Diesel im Maschinenraum seinen Dienst
tut.
Von Reinhard Kramer in einer
Rostocker Zeitung 2005
Auch hier unser YouTube-Videoclip "Mit dem PIONIER in
Fahrt":
Wieder "Karl Otto"
Zur Hanse Sail 2018 im Christinenhafen Rostock
entdeckt!
Zur 28. Hanse Sail waren wir an gewohnter Stelle mit unserem Stand
vertreten, mit der Rückseite zum Christinenhafen, und sahen uns auch
mal um. Dabei fiel uns ein vertrautes Bild auf: Der kleine Schlepper
"Karl Otto", noch mit der Beschriftung PIONIER - WISMAR an
den Rettungsringen!
Wie kam der Schlepper zurück an die Warnow? Im Gespräch mit dem
Skipper hörten wir, dass in Wismar keine Unterstützung mehr erfolgte,
der Schlepper verschrottet werden sollte, ein Interessent aus Berlin
ihn jedoch davor bewahrte und den Schlepper wieder nach Rostock
verlegte. Das sei schon einige Jahre her. - Eigentlich sollte
"Karl Otto" zur Hanse Sail mitfahren, aber er hatte leider
technische Probleme.
Recherchen im Web ergaben außer bei uns noch eine Meldung in der SVZ
zur Seemannsweihnacht am dritten Advent 2012 und zwei Seiten auf schiffsspotter.de zum "Pionier" sowie zum "Karl Otto"
mit jeweils der aktualisierten Schiffshistorie.
Demnach wurde 2014 wieder Rostock zum Heimathafen und erfolgte 2016 die
Rückbenennung des Schleppers als "Karl Otto".
Seeleute Rostock e.V. 2018 (ABa)
Quellen: Chronik des
Schleppers PIONIER; Web
Fotos Mi. (5): Besatzung des Schleppers PIONIER
Fotos (5 + 1 Videoclip): ABa, Hamburg,
02.10.2011/12.08.2018