| SlR.my.510 [16.F4]  
   

Zisterne

Ein Speisewasser-Sammelkasten
Ein manueller Ölabscheider

Auf dem DS ERNST MORITZ ARNDT in den Sechzigern

Stand der beschriebenen Technik (DSR): Neu 1960, in Betrieb bis 1968
 
Ein eigenartiger Behälter steht im Maschinenraum der EMA (vgl. Ankaufschiffe#06EMA).

Er dient dem Entfernen von Rest-Öl aus dem Kesselspeisewasser-Kreislauf. Rest-Öl?

Es ist eine Zisterne, ein Auffangbehälter für Kesselspeisewasser und ein Ölabscheider.
 
Von meiner EMA habe ich leider keine Unterlagen. Deshalb, lieber Leser, zuvor die Darstellung "Dampf-Wasser-Kreislauf im Hauptantrieb Dampf-Eisbrecher STETTIN". Sie stellt im Prinzip auch den Kreislauf auf der ERNST MORITZ ARNDT dar. Es soll gezeigt werden, an welcher Stelle sich im Kreislauf eine Zisterne einordnet.
slr-st-510-rb07-5203.jpg
Quelle dieser Prinzip-Darstellung ist eine Info-Tafel im Maschinenraum des Eisbrechers STETTIN.
Grafik: Joachim Illge | Foto: Rolf Beckert, Chemnitz
 
Der Abdampf einer Dampfmaschine wird in einem Kondensator abgekühlt. Der Dampf kondensiert zu Wasser. Dies ist dann das Wasser, welches wieder neu in den Kessel eingespeist wird.

Eine Berührungsstelle von Dampf mit Öl sind die Zylinder und die Steuerschieber. Die Schmier-stellen.
Ein Grützner-Öler drückt Öl in das Zylinderinnere und schmiert die Laufflächen der Kolben und der Schieber. Die Ölmenge dafür wird am Grützner-Öler genau dosiert.
Weniger gut als bei der Hauptmaschine lässt sich das Schmieröl für die vielen Hilfsmaschinen dosieren, entsprechend hoch ist somit auch der Ölanteil im Kondensat.
Und eben dieses Öl wird vom Dampf, besser gesagt vom Abdampf, in den Speisewasser-Kreislauf verschleppt. Es lässt sich nicht vermeiden. Dieses Öl, es handelt sich um eine sehr geringe Menge, muss aus dem Kondensat wieder entfernt werden. Das Öl würde sich sonst im Kessel an den Heizrohren niederschlagen und zu Störungen führen.
Auf der EMA ist der Vorgang, das Öl zu entfernen, sehr primitiv, weil manuell, aber wirkungsvoll. Dazu dient die Zisterne. Diese funktioniert wie eine Klein-Klärgrube. Nett, gelle. Die zwei Kammern der Zisterne auf der EMA fassen je etwa 100 Liter. Das Kondensat aus dem Hauptkondensator (im Hafenbetrieb aus dem Hilfskondensator) fließt in die erste Kammer und danach in die nächste. Das Rest-Öl schwimmt oben auf dem Wasser als hauchdünner Film. Oft sieht man nur einen Schimmer in den Regenbogenfarben, so wenig Öl ist es.
Und jetzt nimmt der Maschinist ein Blatt Papier, legt es auf das Wasser (Ölfilm), zieht es wieder ab und wirft es in den Müll. Das war's. Lieber Leser, sicher hast du es erkannt, das Papier hat den Ölfilm aufgenommen.

Und nun kommt etwas ganz Interessantes, interessant für uns Maschinisten. Der Stapel Papier für oben genannten Zweck, das waren "Nautische Nachrichten" oder so ähnlich. Es waren von der Kommandobrücke nicht mehr benötigte Änderungsblätter für die Seekarten. Also zum Beispiel:
- In Singapur ist eine Landmarke verändert worden.
- In London ändert sich die Kennung einer Boje.
- Ein Wrack wurde gehoben.
- Ein gesperrtes Seegebiet (U-Boot-Übung) ist wieder freigegeben.
- Usw., usf.
Diese gedruckten Änderungen und Ergänzungen entsprechen in der Regel einem Ausschnitt einer üblichen Seekarte. Bei Bedarf werden diese Änderungen ausgeschnitten und als Schnipsel an die entsprechende Stelle der eigenen Seekarte aufgeklebt. Somit bleibt diese Karte aktuell.
Ja, und die nicht mehr benötigten Blätter nehmen wir im Maschinenraum zum Ölabstreifen.

Noch ein Wort zum Begriff Zisterne. Wie aus der Überschrift zu ersehen ist, handelt es sich hier um eine Kombination aus Vorratsbehälter für Kesselspeisewasser (Kondensat) und Ölabscheider.

Naja, meine EMA ist nun mittlerweile verschrottet. Schade.

Grafik/Foto: Herkunft oben angegeben
Text: Rolf Beckert, Chemnitz

"Zisterne": Seeleute Rostock e.V., März 2016
 
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