| SlR.my.402 [14.F4]  
   

Die Kombüse

Zur Frachtschifffahrt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Auch die Bäckerin oder der Fleischer mussten schon mal in der Kombüse, der Küche auf einem Schiff, beim Zubereiten der Speisen für die Mannschaft an Bord mithelfen - eben dazu törnen.
Stand der abgebildeten Technik (Foto): Neu 1962, in Betrieb bei DSR bis 1986, in Rostock bis heute (2012)
Stand der abgebildeten Technik (Grafik, bei DSR): Neu 1975, in Betrieb bis 1990
Stand der genannten Küchentechnik (von namhaftem Hersteller): 2012
 
slr-st-402-slr01-0040.jpg
"Warum nur mundeten unsere schmackhaften Speisen nicht allen gleich gut?"
Blick in die Kombüse auf dem noch existierenden Vogel-Framo - LIKEDEELER.
 
Nicht nur die Liebe, nein, auch die Seefahrt geht durch den Magen. Denn Seeluft und Seemannschaft machen hungrig! Also hatten der Chefkoch und seine Kochsmaate, Fleischer und Bäcker (m/w) mit ihrer Arbeit, der Zubereitung der Kost, die eigentlich wichtigste Funktion an Bord:

Für eine zufriedene Stimmung an Bord und somit für einen guten Zusammenhalt in der Besatzung eines Schiffes zu sorgen!

Um das optimal bewerkstelligen zu können, stand in der Kombüse, die in den Aufbauten eines Frachtschiffes in der Regel recht zentral und aber wegen der ständigen Ver- und Entsorgung doch etwas exponiert angeordnet war, vielerlei zumeist elektrisch betriebenes Gerät zur Verfügung:

  • Die Lagerung der Lebensmittel erfolgte in Proviant- und Kühllasten (große Posten, Reisebedarf) im Schiffsrumpf sowie im Kühl- und Tiefkühlschrank (Tagesbedarf) in der Kombüse.
  • Der Aufbereitung der Zutaten dienten Küchenmaschinen wie Planeten-, Rühr- und Schlagmaschine, Kartoffelschälmaschine, Kartoffelschneider, Fritteuse, Gemüse- und Salatwaschmaschine, Gemüseschneider, Fleischwolf, Fleischschneider, Aufschnittschneider, Schockfroster, Saftpresse und Eismaschine.
  • Primäre Bedeutung hatte natürlich der Großkochherd für alle Garmethoden.
  • Backwerk wurde mit Bäckereigeräten wie Etagenbackofen, Gärschrank, Teigknetmaschine, Teigausrollmaschine, Teig-, Teil- und Wirkmaschine sowie Sahneautomat produziert. (Auf manchen Frachtschiffen war die Bäckerei ein von der Kombüse abgetrennter Raum.)
  • Der Zubereitung von Getränken dienten Kaffee- und Espressomaschine, Trinkwasserkühler, Heiß- und Kaltgetränkespender, Vor- und Nachmixsystem sowie Eiswürfelbereiter.

War die Mannschaft satt und zufrieden, ging es an das Aufräumen und Abwaschen. Dafür wurden Spülmaschinen für Gläser, Geschirr, Bestecke, Töpfe und Geräte sowie Speiserestevernichter, Abfallpresse, Glaszerkleinerer und weitere Entsorgungssysteme genutzt.

Anschließend gab es für die Wirtschaft eine kurze Pause der Erholung und der Tuschelei (Sie waren stets die bestinformierten Leute an Bord!), bevor es an die Zubereitung der nächsten der drei zumeist auf die eine oder andere Art warm zubereiteten Mahlzeiten an einem Tag auf See ging, die einem auf damaligen DSR-Schiffen durch die "Küchenkommission" beratenen Speiseplan folgten. Dieser umfasste auch die nachmittägliche Reichung von Kaffee und Kuchen an Sonn- und Feiertagen sowie am Donnerstag, dem sogenannten Seemannssonntag. (Speisepläne zeigen wir unter "Seeleute/Foto...".)

Der Chefkoch an Bord eines Schiffes hatte also mit einem gehörigen Maß an Weitsicht die Ware einzukaufen, die er dann auch verarbeiten musste. Er hatte einen ausreichenden Bestand für die gesamte Reise einzuplanen. Dabei zeigte sich schon, was er "draufhatte". Im Ausland wurde noch Frischproviant dazu gekauft. Aber immer musste er gut vorplanen und hernach hervorragend kochen, dann hatte er eine zufriedene und arbeitsame Besatzung.
 

slr-st-402-dsr02-st79.gif
Das Bild zeigt die Lage der Kombüse (41) relativ zu den Messen (37, 39) auf den Reefern von 1975.
 
Anmerkung zu den Kosten für die Besatzungsverpflegung auf den damaligen DSR-Schiffen bis 1990: Der Verpflegungssatz pro Tag und pro Person mal Besatzungsstärke ergab den Tagessatz für die Verpflegung der Mannschaft in DDR-Mark. Davon war entsprechend gleicher Aufrechnung der Valuta-Anteil für Einkäufe von Frischobst etc. im Ausland abzuziehen bzw. ab etwa 1983 extra zusätzlich zu berechnen. Kurioserweise soll dem Chefkoch eine zünftige Grillparty günstiger gekommen sein als ein Menü namens "Kalte Platte".

Anmerkungen zu seefahrtsbezogenen Besonderheiten für die Kombüse:

  • Bei Spezialeinsätzen konnten an Bord mehrmals warme Mahlzeiten zubereitet werden. Das wurde seitens des Kapitäns für ungewöhnliche Ereignisse wie Tankreinigungen durch die Besatzung, schnelle Herstellung der Ladungsbereitschaft bei Termindruck, Havarien oder bei Hilfeleistung auf See angeordnet. Die Mehrkosten dafür wurden gesondert kontiert, also den Ereigniskosten zugerechnet.
  • Ein weiterer Fall waren Empfänge an Bord im Auftrage der DSR, der DDR-Botschaft oder der Handelsvertretung des jeweiligen Anlauflandes. Das galt auch für solche Veranstaltungen des Charterers oder staatlicher bzw. UN-Behörden an Bord. Hier wurden die Arbeitszeiten und Proviant-/Getränkekosten den Auftraggebern in Rechnung gestellt.
    Eine Ausnahme stellte Kuba dar. Die hier für solche Veranstaltungen benötigen finanziellen Mittel wurden vom DDR-Finanzministerium rückerstattet oder von der Hauptverwaltung der DSR getragen, so dass das Schiff nicht belastet war.
  • Unabhängig von den zuvor erwähnten Situationen hatte der Kapitän die Möglichkeit, im Interesse des reibungslosen Ablaufes des Schiffs- und Ladungsbetriebes im Ausland Personen der Geschäftspartner, Lotsen, Besichtiger und Angehörige der Hafenverwaltung an Bord zu bewirten. Das galt im eingeschränkten Maßstab sogar auch für DDR-Häfen.
  • Die Verpflegung an Bord von Kümos, diesen tapferen Schifflein auf der Kleinen Fahrt mit dem 2-Wachsystem. Hier war die Beköstigung anders organisiert, um den Arbeitsablauf an Bord zu gewährleisten. Die elf, neun und später sogar nur sieben Mann auf den "Boizenburgern" bekochten sich oft selbst und bereiteten sich selbst nach dem nächtlichen Wachwechsel noch etwas Warmes zu. Allerdings galt auch für diese Besatzungen ein vorgeschriebener Verpflegungssatz, der eingehalten werden musste. Aber diese Seemänner halfen sich immer gegenseitig, wie es eben in einer kleinen Familie so Usus ist. 
     
Foto: ABa, Hamburg, 2007
Grafik: nach DSR-Schiffstypenkatalog, Rostock, 1979
Text: Sehr frei nach de.wikipedia.org/wiki/Kombüse fremdlink.gif
und dazu noch www.bohnhoff-hamburg.com fremdlink.gif
sowie nach "DSR", Götz/Wenzel, Koehlers Verlagsges. HH, 2004

"Die Kombüse": Seeleute Rostock e.V., Mai 2012
 
4. Kost & Logis 09.03.2021 ^ Nach oben ^