Hallo Leute,
da bin ich halt wegen einer Krankschreibung zu Hause (Virusgrippe)
und habe viel Zeit; also stöberte ich mal in der Website. Schließlich
verfassen die Kollegen mit großem Aufwand und Enthusiasmus die vielen
Artikel, damit diese auch gelesen werden. Nicht zu vergessen der
Webmaster, welcher die Sache für uns alle am Laufen hält! [Konrad,
wir danken dir!]
Dabei machte ich mich auch über die von Wolfgang Jacob verfassten
Zeilen zum Thema "Mercator - Schiffe" her [s. DSR-Fernost-LINES
1983]. Und da wurde ich dann hellwach. Es ging um eine recht
ungewöhnliche Ladung: Wir hatten 1986 auf MS "SONDERSHAUSEN"
als Gäste das Ehepaar Oskar und Marietta Sperlich mit ihren 7 oder 9
großen Bengal-Tigern an Bord. Kriege die genaue Anzahl noch raus, weil
ich mit Sicherheit meiner Frau davon schrieb. Muss nur mal in den Kartons
mit den Briefen suchen (Ein Messi lässt grüßen). [Laut W. Jacob waren
es neun Tiger.]
Das Schiff führte der Stammkapitän, Kapt. Grosse. Als Bäcker fuhr
damals Uwe S. aus Rehna mit. Und nach einigen Tagen trafen wir abends
Oskar an Deck dabei an, wie er mit einem sehr kleinen, von Hand
betriebenen Fleischwolf für einen der Tiger etwa 15 Kilo Fleisch
zerkleinern wollte. Der Ärmste hatte Magenbeschwerden, und das
Zerkleinern seiner Ration sollte ihm helfen, besser zu verdauen. Mit
dem kleinen Ding von Fleischwolf hätte Oskar da mächtig kurbeln müssen.
(Hinter der Kombüse stand ein Kühlcontainer mit dem Tigerfutter für
die Überfahrt. Darin war Fleisch von Wildpferden aus Australien. Tiger
sind wohl recht wählerisch und nehmen wohl am liebsten Rind oder Pferd
zu sich.) Also boten wir Oskar an, das Fleisch mit unserem Gerät in
der Kombüse zu zerkleinern. Dieses Angebot nahm er sehr dankbar an.
Natürlich unterstützte die Besatzung die beiden, wo es nur möglich
war. Schließlich ist das, was Tiger so ausscheiden, nicht unbedingt
Rosenwasser. Hier schaffte der Bootsmann mit der Decksgang immer
schnell Ordnung (zumindest ausserhalb der Käfigwagen).
Beim Füttern fanden sich immer Zuschauer ein. Oskar hatte extreme
Probleme bei Schiffsbewegungen, und wenn dann Marietta das Füttern übernahm,
ließen die Tiger deutlich merken, dass sie nicht das Alphatier des
Rudels ist. Wollte Oskar füttern, stellte er sich vor den Käfig, rief
den Tiger beim Namen und zeigte in eine Ecke - dann ging der Tiger
langsam ruhig rückwärts dorthin. Bei Marietta sprangen sie zuweilen
fauchend ans Gitter und schlugen mit ihren riesigen Pranken. Wenn da
mehrere hundert Kilo "König der Taiga" gegen das Gitter
knallen, flößt das schon gewaltigen Respekt ein.
Natürlich waren die beiden abends überall gern gesehene Gäste,
hatten sie doch nach mehrjährigem Gastpiel in Japan viel zu erzählen.
Auch interessierten wir uns für die Arbeit mit den Tieren, Unterhalt
und Pflege.
Wegen des fehlenden Auslaufs und Bewegungsmangels erhielten die
Tiere etwa aller zehn Tage eine Ration Milch, um sich richtig
auszusch... Das gab an Deck natürlich eine schlimme Sauerei. In
Absprache mit dem Bootsmann wurde das selbstredend immer auf See
erledigt, um sofort alles loszuwerden. Auch wenn jetzt gewisse
"Umweltaktivisten" kreischen und von einer Ohnmacht in die nächste
fallen: War damals eben so. Und da es "biologischen"
Ursprungs war, hatten wir kein schlechtes Gewissen. Das hätten andere
haben müssen, die auf hoher See Tanks wuschen. Wohl jeder kann sich
sicher noch daran erinnern, wie es stank, wenn man mitten auf dem Indik
in die Spur eines solchen Schiffes geriet; meist suchte man dann
schnell sauberes Fahrwasser. Soweit meine Erinnerung. |