Die Wurzeln der DSR
Der Beginn der Seewirtschaft im Osten Deutschlands nach dem 2.
Weltkrieg
von Wolfgang Jacob (gest.)
2010
Zur Person: Wolfgang Jacob war
Vorstandsmitglied des DDR-Arbeitskreises für Schiffahrts- und
Marine- geschichte und später Mitglied der
Schiffahrtsgeschichtlichen Gesellschaft Ostsee e.V. (SGO) -
Maritimer Historikerverein - mit Sitz in Rostock. Er war
Ehrenmitglied des DSR-Seeleute e.V. Freiberg und Mitglied des
Maritimen Freundeskreises Sachsen/Thüringen. Wolfgang Jacob
arbeitete viele Jahre unserer neuen "Voll Voraus" zu -
und mit ihrer Ausrichtung auch zur DSR-Geschichte ebenfalls unserer
Website: |
Zur Erinnerung - 1
1949 schlug mit der Gründung der Deutschen Schiffahrts- und
Umschlagsbetriebszentrale (DSU) die Geburtsstunde der Seewirtschaft
im Osten Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg.
Am 1. Oktober 1949 wurde die "Deutsche Schiffahrts- und
Umschlagsbetriebszentrale" (DSU) als Anstalt des öffentlichen
Rechts und zentraler volkseigener Binnenschiffahrtsbetrieb mit Sitz
in Berlin gegründet. Die seit 1948 in den Ländern bestehenden
volkseigenen Binnenschiffahrtsbetriebe sollten im Zuge der sich
anbahnenden DDR-Gründung zu einem einheitlichen zentralen Betrieb
zusammengefasst und die Initiative der privaten Unternehmungen gefördert
werden. Der Beschluss zur Gründung der DSU erging am 27. Juli 1949
durch die Deutsche Wirtschaftskommission. Zu den Aufgaben der DSU
gehörten die Durchführung des gesamten Transportes auf den
Wasserstraßen einschließlich der Personenbeförderung, der
Befrachtung und des Umschlages in den Binnenhäfen. Ihr wurden die
gesamten volkseigenen Fahrzeuge, Schifffahrtsbetriebe, Binnenhäfen
und Umschlagsanlagen sowie Werften als Rechtsträgerin übertragen.
Zur Durchführung ihrer dezentralen Aufgaben bediente sich die
DSU-Zentrale ihrer Filialen, Zweigstellen, Betriebsstellen und
Hafenbetriebsniederlassungen. Filialen gab es in Magdeburg, Berlin
und Stralsund. Übrigens ging am 1. Januar 1950 auch die
"Elbeschiffahrt Sachsen" an die DSU über. |
Die maritime Situation an der Küste
Mecklenburgs nach dem 2. Weltkrieg *
Vor dem zweiten Weltkrieg hatten Seehandel und Seeverkehr im Küstengebiet
von Mecklenburg-Vorpommern nur lokale Bedeutung. In den drei Häfen
Rostock, Wismar und Stralsund war ein jährlicher Güterumschlag
von insgesamt 0,8 Millionen Tonnen zu verzeichnen, während die
westdeutschen Häfen bereits damals 41,6 Millionen Tonnen
umschlugen. 23 Schiffe mit zusammen 34.100 BRT waren in Rostock und
Wismar beheimatet, gegenüber 1.122 Schiffen mit 4.790.000 BRT in
westdeutschen Häfen.
Im Jahre 1945, nach Kriegsende, war etwa die Hälfte der Anlagen
in unseren Häfen vernichtet und die der Werften schwer beschädigt.
Vor der Küste und in den Häfen Mecklenburgs lagen ungefähr 200
Wracks gesunkener Schiffe. Die wenigen kleinen Handelsschiffe der
meklenburgischen Hafenstädte, die den Krieg überstanden hatten,
lagen zum größten Teil in westdeutschen Häfen. Sie wurden von
ihren Besitzern auch nicht mehr in ihre Heimathäfen überführt.
Alle Anstrengungen, sie zurückzuholen oder gar das ungünstige
Verhältnis der Verteilung des Schiffsbestandes an die einzelnen
Besatzungszonen zu verändern, blieben ohne Erfolg. Sie scheiterten
am Widerstand der westlichen Besatzungsmächte und den
westdeutschen Reedern. Dahinter verbargen sich Klasseninteressen
und das Bemühen, der neu entstehenden Ordung im Osten Deutschlands
von Anfang an die größten Schwierigkeiten zu bereiten.
Entsprechend den sich aus dem Potsdamer Abkommen der Siegermächte
ergebenden Reparationsverpflichtungen wurde die vorhandene
Restflotte auf die Alliierten aufgeteilt, etwa 130 Schiffe mit rund
80.000 BRT verblieben den deutschen Reedereien.
In der sowjetischen Besatzungszone lagen lediglich der Dampfer
JOHANN AHRENS, der dann zur VORWÄRTS umgebaut wurde (vgl. Dampfer1),
der Seeleichter QUISTORP IV, späterer Seeleichter FORTSCHRITT (vgl. Seeleichter),
und der kleine Dampfer MARS, der später auf der Linie
Greifswald-Stralsund-Sassnitz-Rostock-Wismar Kreide, Briketts,
Dachpappe und andere Güter für die Betriebe der Küstenstädte
transportierte.
Binnenschiffsverkehr war zunächst nicht möglich, da die
Wasserwege durch die Trümmer gesprengter Brücken, anderer
Wasserbauwerke und versenkter Fahrzeuge unpassierbar waren. Erst
allmählich konnten diese Trümmer beseitigt und zugleich mit der
Hebung und Reparatur der gesunkenen oder kriegsbeschädigten
Schiffe begonnen werden. Nachdem wurden die einsatzfähigen Schiffe
in großer Zahl als Reparationsleistung beschlagnahmt und in die
Sowjetunion verbracht. Im August 1945 waren Oder, Oder-Spree-Kanal,
Hohenzollernkanal und die Oder-Havel-Wasserstraße wieder auf
voller Länge schiffbar. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen,
dass die Sowjetunion unter dem Gesichtspunkt ihrer Demontagepolitik
den Wasserweg nach Stettin, als dem nächsten nutzbaren Seehafen,
zuerst freimachen ließ.
Um das Industriepotential des deutschen Militarismus zu
beseitigen, verordnete der Alliierte Kontrollrat in der
Proklamation Nr. 2, "die gesamte deutsche Schiffahrt,
alle Werften und Reparaturwerkstätten und alle Einrichtungen und
Anlagen, die direkt oder indirekt damit in Verbindung stehen oder
ihnen dienen, den Vertretern der Alliierten zur uneingeschränkten
Verfügung auszuhändigen". Damit war den deutschen
Stellen das Verfügungsrecht über Schifffahrt, Schiffbau und
Hochseefischerei genommen. Trotz der gemeinsamen Proklamationen des
Alliierten Kontrollrates lag es nun im Ermessen der jeweiligen
Besatzungsmacht zu entscheiden, wann und in welchem Umfang und an
welche deutschen Stellen dieses Verfügungsrecht in der kommenden
Zeit wieder übergeben wurde. Das hing in entscheidendem Maße von
der Politik der jeweiligen Besatzungsmacht ab.
Fast zeitgleich mit der Bildung der Sowjetischen Militäradministration
(SMAD) in Deutschland im Juni 1945, gestattete diese die Gründung
der Generaldirektion Schiffahrt (GDS) - eine deutsche Verwaltung
auf zonaler Ebene, die zunächst dem Ernährungsamt des Berliner
Magistrats zugeordnet war. Der GDS unterstanden sämtliche See- und
Binnenschiffshäfen einschließlich der Wasserstraßendirektionen
mit den ihnen angeschlossenen Wasserstraßenämtern. Die Umschlagstätigkeit
der Seehäfen erfolgte jedoch unabhängig von der GDS. Erster
Generaldirektor der GDS und Beauftragter der SMAD Berlin-Karlshorst
war Herr Rudolph, ihm folgten der Wasserbau-Ingenieur Dr. Herbst,
Frau Weiß und Ernst Wollweber. Zwei Monate später kam es mit
Befehl Nr. 17 der SMAD zur Bildung von Deutschen
Zentralverwaltungen in der sowjetischen Besatzungszone. Eine davon
war die Zentralverwaltung für Transport und Verkehr mit einer
Generaldirektion Wasserstraßen, Schiffahrt und Schiffbau unter
Eingliederung der vorher gegründeten GDS. Dieser wurden wenige
Wochen später die Aufsichtsbefugnisse über die Einrichtung der
Binnenwasserstraßen übertragen.
Am 31. Oktober 1945 standen der Generaldirektion Schiffahrt 61
Dampf- und neun Motorschlepper einsatzbereit zur Verfügung.
Daneben waren weitere 105 nicht einsatzbereite Schleppfahrzeuge
(ohne eigenen Antrieb) übergeben worden, die zum Teil noch auf
Grund lagen. Die Übergabe umfasste insgesamt 787 Frachtkähne,
davon waren 258 nicht einsatzfähig.
Die Arbeitsgemeinschaft Binnenschiffahrt in Berlin richtete in
Wismar eine Nebenstelle ein. Für die Inbetriebnahme eines Küstenverkehrs
standen hier keine Fahrzeuge zur Verfügung. Von administrativer
Seite war man interessiert die Küstenschiffahrt im örtlichen
Bereich jedoch so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Ohnehin
stand per Erlaubnis nur der Küstenstreifen von
Mecklenburg/Vorpommern einschließlich der Insel Rügen zur
Diskussion. Da in den letzten Jahren sehr viele Fahrzeuge in den
Boddengewässern gestrandet bzw. gesunken waren, wurde
vorgeschlagen, solche Schiffe zu bergen und wieder nutzbar zu
machen.
Die im Aufbau aktivierte Schiffbauindustrie an der Küste
Mecklenburgs wurde in den Folgejahren die Basis für die
Entwicklung aller anderen Zweige der Seewirtschaft in der DDR.
Im ersten Halbjahr 1948 wurden die Werftbau- und
Schiffbauvorhaben zwischen sowjetischen und deutschen
Verantwortlichen eingehend beraten. Es betraf den Bau der Werften
in Wolgast, Stralsund und Ribnitz-Damgarten. Desweiteren sollte die
Warnemünder Werft, die damals Zweigbetrieb der Wismarer
Reparaturwerft war, zu einer selbstständigen Reparaturwerft mit
einem Jahresprogramm von 15 Millionen DM Reparaturleistungen
ausgebaut werden. |
Kleine Zeittafel 1945 - 1949 für die
sowjetische Besatzungszone
01.06.1945: |
Bagger GREIFSWALD, Spüler WAL,
Schlepper FALKE im Einsatz an der Anlegestelle Sellin, damit MS
SELLIN und MS BAABE den Verkehr nach Stralsund aufnehmen können. |
01.08.1945: |
Bildung der Deutschen
Zentralverwaltung für Transport und Verkehr in der Sowjetischen
Besatzungszone gemäß Befehl Nr. 17 des Oberkommandierenden der
SMAD vom 27. Juli 1945. Leiter wurde Dr. Pfitzner. |
06.10.1945: |
Bei der Deutschen
Zentralverwaltung für Verkehr fand ein Gespräch mit
sowjetischen Ingenieuren zum Thema: "Wiederaufnahme des Fährverkehrs
Sassnitz-Trelleborg" statt. |
07.11.1945: |
In der Boizenburger Elbewerft
Thomsen & Co. wird der erste Kiel für eine Serie von 16
Fischkuttern für die Sowjetunion gelegt (Reparation).
Stapellauf des 1. Schiffes war am 16. März 1946. |
18.12.1945: |
Mit dem Befehl Nr. 173 werden
die Werften generell der Zentralverwaltung für Transport und
Verkehr unterstellt und die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
gefordert. |
11.01.1946: |
Die SMAD überträgt mit dem
Befehl Nr. 11 die Hauptverantwortung für die Fischerei der
Deutschen Zentralkonferenz für Handel und Versorgung (DZHV). |
26.03.1946: |
Gründungsbeschluss der
"Deutsch-Russischen-Transport-AG" (DERUTRA), Sitz
Berlin, Betrieb für Transport, Lagerung und Spedition mit
Zweigstellen in den Hafenstädten. |
03.04.1946: |
Befehl Nr. 77 der SMAD zur
Wiederaufnahme der Hafenarbeiten in Rostock und Wismar. |
04.04.1946: |
Befehl Nr. 404/k der SMA
Mecklenburg (im Nachgang zum Befehl Nr. 77 der SMAD) über die
Wiederaufnahme "einer normalen Tätigkeit der Häfen
Wismar, Rostock und Warnemünde". |
19.04.1946: |
Das erste Handelsschiff läuft
nach dem Krieg in Wismar ein. Es ist der sowjetische Dampfer
SOUMEN HEITE. Zuvor hatten sowjetische Mechaniker bei der
Reparatur der Leuchtfeuer an der Wismarschen Seewasserstraße
geholfen. An der Pier der früheren Kohlenhandelsgesellschaft
begann die Ausfuhr von Kalisalzen, gelenkt durch ein
halbstaatliches Kalikontor in Erfurt. |
27.04.1946: |
Das Marine-Ministerium der UdSSR
errichtete in Wismar einen Reparaturstützpunkt. Am 26. Dezember
1946 wies die SMA mit dem Befehl Nr. 242 den Ministerpräsidenten
des Landes Mecklenburg an, diesen Stützpunkt in Landeseigentum
zu übernehmen und zu einer Großwerft auszubauen. |
00.00.1946: |
Die "Sassnitzer
Dampfschiffahrtsgesellschaft m.b.H" nimmt mit dem Dampfer
MARS ihre Tätigkeit auf im Linienverkehr
Greifswald-Stralsund-Sassnitz-Rostock-Wismar. |
05.05.1946: |
In Wismar entsteht eine
"Schiffahrtsgesellschaft m.b.H." für Stauerei,
Spedition und Umschlag. |
00.00.1946: |
Beginn der Umschlagsarbeiten in
Warnemünde. Erstes abgefertigtes Schiff war der in sowjetischer
Charter fahrende finnische Dampfer POLLUX. |
21.06.1946: |
Gründung der
Deutsch-Russischen-Transport AG (DERUTRA), Berlin, ein Betrieb für
Transport, Lagerung und Spedition. In ihr zusammengefaßt eine
Stauerei, eine Spedition und eine Maklerei. Wichtigste Aufgabe
war die Annahme und der Transport von Reparationsgütern. Die
DERUTRA hatte Zweigstellen in den Hafenstädten Rostock, Wismar
und Stralsund. Erster sowjetischer Direktor war Oberstleutnant
Timschuk. Die Hafenanlagen waren Eigentum der Städte und wurden
von ihnen verwaltet. Die Umschlagstätigkeit übte die DERUTRA
anstelle der früheren privaten Firmen aus. Sie hatte dazu die
Hafenanlagen gepachtet. Es erfolgte der Versand von Gütern der
bestehenden Außenhandelskontore, der Verwaltung für Außenhandel
der SMAD sowie der SAG-Betriebe, bei Wahrnehmung der
Makleraufgaben in den Seehäfen. Am 26. Oktober 1950 hatte die
DERUTRA eine Belegschaftsstärke von 1094 Arbeitern und 140
Angestellten. |
26.09.1946: |
Die Direktive Nr. 37 des
Alliierten Kontrollrates enthielt schiffbauliche Beschränkungen,
die sich auf die Größe bis 1.500 BRT, die Geschwindigkeit bis
12 kn, das Ladegeschirr bis 3 t, den Aktionsradius bis 2000 sm
und die Antriebsart Dampfmaschinen mit Kohlefeuerung bezogen.
Man nannte sie "Potsdam-Schiffe". |
28.10.1946: |
Mit Befehl Nr. 195 der SMA
Mecklenburg wurde die Neptunwerft Rostock Volkseigentum, und
zwar der Sowjetunion. Sie verzichtete auf die Demontage, machte
die Werft zu einer sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) und rüstete
sie mit neuer Technik aus. Erst am 29. April 1952 übergab sie
die Werft der DDR. |
01.11.1946: |
Auf Befehl der SMAD begann man
unter Leitung der DERUTRA mit der Einrichtung des Umschlages von
Stückgut, Kalisalz und Braunkohlenbriketts. |
11.12.1946: |
Befehl Nr. 0405 der SMA: Übergabe
des Verfügungsrechts über die Häfen an die deutschen
Selbstverwaltungen. |
17./18.01.1947: |
Die 2. Transportkonferenz in
Schwarzburg kann feststellen, dass sich im Bereich der
Generaldirektion Schiffahrt in den Monaten November und Dezember
1946 eine beachtliche Mehrleistung zeigte. |
00.04.1947: |
Die Krögerschen Werftbetriebe
in Warnemünde und Stralsund und die Schiffswerft Thomsen &
Co. in Boizenburg gingen in Landeseigentum über, das
Heinkelvermögen In Landesverwaltung. |
01.05.1947: |
Befehl Nr. 88 der SMAD. Bildung
der Hafengemeinschaft Rostock, Wismar und Stralsund als Körperschaft
des öffentlichen Rechts. Der Hafenwirtschaftsbetrieb ist von
den Städten an die neu gebildete Hafengemeinschaft zu übergeben. |
02.05.1947: |
In der Zeit vom 10.04. bis
02.05.1947 trafen 75 Schiffe aus Hamburg, Kiel und Rendsburg im
Rostocker Hafen ein, um Getreide und Kartoffeln für die
Westzonen zu laden. |
14.06.1947: |
Bildung der Deutschen
Wirtschaftskommission (DWK). Ihre Aufgabe bestand in der
Wiederherstellung und Entwicklung einer deutschen
Friedensindustrie und Koordinierung der deutschen
Zentralverwaltung. Ihr nachgeordnet war die Generaldirektion
Schiffahrt (GDS). |
06./07.08.1947: |
Die Sassnitzer
Transportkonferenz der Deutschen Zentralverwaltung für Verkehr
stellt der Abteilung "Seehäfen und Küstenschiffahrt"
die Aufgabe, die erforderlichen Fahrzeuge für die Küstenschiffahrt
zu beschaffen. Dabei sollte, wenn auch ohne Erfolg, auf die
Deutschland vom Alliierten Kontrollrat insgesamt zugewiesenen
Tonnage, die sich in den Westzonen befand, zurückgegriffen
werden. |
18.08.1947: |
Die Generaldirektion Schiffahrt
nahm die JOHANN AHRENS (spätere VORWÄRTS) als
"betriebsunfähig" handschriftlich auf. |
16.03.1948: |
Die KONUNG GUSTAV V legt als
erste schwedische Fähre nach dem Krieg in Hafen Sassnitz an. |
20.06.1948: |
Durchführung der separaten Währungsreform
in den drei westlichen Besatzungszonen |
30.06.1948: |
Im Beschluss zum Zweijahrplan
1949/50 heißt es: "In der Binnenschiffahrt sind 7,5
Millionen Tonnen Güter, d.h. 50% mehr als 1947 zu befördern
... die Schiffswerft in Stralsund ist völlig wiederherzustellen
... 150 Schiffe der technischen Flotte sind wieder nutzbar zu
machen und dem Verkehr zu übergeben ... 50 versenkte Schiffe
sind zu heben ... 47.000 t Schiffsraum sind wieder in Betrieb zu
setzen". |
11./12.08.1948: |
Erste Schiffahrtskonferenz in
Berlin-Grünau. Das Hauptreferat beschäftigte sich mit dem
Stand der Aufbauarbeiten in den Seehäfen. |
04.12.1948: |
Produktionsbeginn in der
Boddenwerft Ribnitz-Damgarten. |
07.02.1949: |
Gründungstag der volkseigenen
Fischerei im Osten Deutschlands und des späteren
Fischkombinates Sassnitz. |
01.03.1949: |
Produktionsbeginn in der
Volkswerft Stralsund. |
08.04.1949: |
Die USA, Großbritannien und
Frankreich beschließen das Besatzungsstatut für den
westdeutschen Seperatstaat, das am 21. September 1949 in Kraft
tritt. |
06.05.1949: |
Wiederaufnahme des Lehrbetriebes
an der Seefahrtsschule Wustrow. |
23.05.1949: |
Verabschiedung des Grundgesetzes
(Verfassung) der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Datum gilt
als Tag der Staaatsgründung der BRD. Daten im Zusammenhang;
09.04.1949, die drei Westmächte beschließen das
Besatzungsstatut für den westdeutschen Seperatstaat, das am
21.09.1949 in Kraft tritt. 08.05.1949, das Grundgesetz der BRD
wird beschlossen. 23.05.1949, das Grundgesetz tritt in Kraft.
14.08.1949, Wahlen zum Bundestag. 07.09.1949, Konstituierende
Sitzung des Bundestages. |
01.10.1949: |
Die Deutsche Schiffahrts- und
Umschlagsbetriebszentrale (DSU) wird als volkseigener
Transport-, Umschlags- und Lagerbetrieb gebildet. |
07.10.1949: |
Gründung der Deutschen
Demokratischen Republik und Bildung der Staatlichen
Plankommission und der Fachministerien, u.a. Ministerium für
Innen- und Außenhandel, Ministerium für Verkehrswesen. |
07.11.1949: |
In der Volkswerft Stralsund läuft
der erste Logger vom Stapel. |
07.12.1949: |
Beschluss zur Gründung eines
Fischkombinates in Rostock. Auf dem vorgesehenen Standort, dem
Gelände der ehemaligen Heinkel-Werke in Rostock-Marienehe
beginnen die Arbeiten zur Beseitigung des Trümmerschutts. |
|
Auf die DSU kam aber noch eine völlig
artfremde Aufgabe zu. Mit der am 13. Oktober 1950 erfolgten
Indienststellung des auf der Stralsunder Werft instandgesetzten und
umgebauten 1.550 tdw-Frachtdampfers VORWÄRTS (ex Johann Ahrens),
dem ersten Schiff der künftigen DDR- Handelsflotte, übertrug man
ihr die Bereederung. Somit war die DSU auch die erste staatliche
Reederei Ostdeutschlands und wurde damit zum Vorläufer des am 1.
Juli 1952 gegründeten VEB Deutsche Seereederei Rostock (DSR).
Bereits Ende 1949 hatte die DSU-Zentrale Berlin dazu aufgerufen,
Vorschläge für eine DSU-Fahne und auch für die Schornsteinmarke
unserer Binnenschiffe und des künftigen Hochseehandelsschiffes zu
unterbreiten. Im Ergebnis wurde "Blau - Rot - Blau" mit
den Buchstaben "DSU" bestätigt.
Für die Praktiken der Hochseeschiffahrt fehlte in der DSU zunächst
fachkompetentes Personal. Den in der Binnenschiffahrt groß
gewordenen Mitarbeitern viel es schwer, den Aufgaben des Einsatzes,
der Betreuung und Versorgung eines Seeschiffes gerecht zu werden.
Der Filiale in Stralsund gelang es jedoch unter Hinzuziehung alter
erfahrener Kollegen aus Stralsund, Rostock und Wismar die ersten Hürden
zu nehmen. Viele Aufgaben musste die Besatzung selbst erledigen.
Mit Wirkung vom 31.12.1951 löste man die DSU-Zentrale "zur
Vereinfachung und Verbesserung der Arbeitsweise der volkseigenen
Schiffahrts- und Umschlagsbetriebe" wieder auf. Gleichzeitig
wurden am 1.1.1952 als Rechtsnachfolger die "Deutsche
Schiffahrts- und Umschlagsbetriebe (DSU)" in Berlin,
Magdeburg, Stralsund und Dresden, sowie die "Deutsche
Oderschiffahrt (DOS)" in Frankfurt/Oder neu gegründet und
Anlage- und Umlaufvermögen der DSU-Zentrale auf sie aufgeteilt.
Dabei kamen Betriebseinrichtungen von nur örtlicher Bedeutung in
die Rechtsträgerschaft der Räte der Stadt- und Landkreise.
Die neuen volkseigenen DSU-Betriebe waren selbstständig
planende und wirtschaftende sowie in eigener Verantwortung
abrechnende Einheiten der volkseigenen Wirtschaft und arbeiteten
nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung. Sie waren
juristische Personen und Rechtsträger von Volkseigentum. Die
Interessen und Aufgaben der Seeschiffahrt vertrat und organisierte
nunmehr in voller Verantwortung der DSU-Betrieb Stralsund.
Das blieb so bis zum 1. Juli 1952, dem Gründungstag des VEB
Deutsche Seereederei Rostock (DSR). Dieser war der Generaldirektion
Schiffahrt in der Deutschen Zentralverwaltung für Verkehr
unterstellt.
In der Hafenwirtschaft wurden die Seehäfen 1952 zu selbstständigen
volkseigenen Betrieben umgebildet und ebenfalls der
Generaldirektion Schiffahrt unterstellt. Bis zum 31. Dezember 1953
verblieben jedoch der Güterumschlag und die Lagerwirtschaft in den
Häfen bei der DERUTRA. In den Jahren 1953/54 erfolgte der
Hafenumschlag unter Leitung der DEUTRANS. Am 1. April 1954 kam er
schließlich in die Verantwortung der Seehäfen. Für die
Befrachtung wurde das Deutsche Kontor für Seefrachten (DEUTFRACHT)
gebildet. |
Kleine Zeittafel 1950 - 1954
00.00.1950: |
Anordnung des
Ministeriums für Verkehrswesen, Hauptverwaltung Schiffahrt:
"Alle Fahrzeuge der sogenannten herrenlosen Flotte
sind auf die Rechtsträgerschaft /Eigentum der DSU zu
registrieren und die Schiffspässe auf den Namen des Eigentümers
Deutsche Schiffahrts- und Umschlagsbetriebszentrale Berlin O 17
Beymestraße 19, auszufertigen." Hierzu zählte auch
der spätere Seeleichter FORTSCHRITT. |
01.04.1950: |
Gründung der
"Deutschen Schiffsrevision und -klassifikation" (DSRK) |
00.04.1950: |
Die Sowjetunion übergibt
aus dem Reparationsprogramm an die DDR 5 Logger, und am 19. Juni
des gleichen Jahres löschten diese Schiffe an einer
provisorischen An- legestelle am Schlachthof Bramow die ersten Fänge. |
24.07.1950: |
Aus dem Beschluss
des III. Parteitages der SED: "... von großer
Bedeutung für die Weiterentwicklung unseres Außenhandels ist
die Schaffung einer neuen Hochsee- Handelsflotte der DDR ... außerdem
ist es notwendig, für den Seehandelsverkehr in den Jahren 1951 -
1955 mehrere Schiffe in den Größenklassen bis 8 000 BRT zu
bauen". |
27.07.1950: |
Gründung des
Seehydrographischen Dienstes der DDR. |
17.08.1950: |
Die Regierung der
DDR beschließt den Bau von 18 Handelsschiffen in den Größenordnungen
zwischen 1.000 und 8.000 BRT, insgesamt 50.000 BRT. |
18.09.1950: |
Die Deutsche
Schiffahrts- und Umschlagsbetriebszentrale stellt in Berlin die
erste Besatzung für den Frachtdampfer VORWÄRTS zusammen. |
01.10.1950: |
Bildung der
Dienststelle "Chef des Lotsenwesens", Sitz Rostock. |
13.10.1950: |
Indienststellung des
Frachtdampfers VORWÄRTS - erstes Schiff der DDR-Handelsflotte. |
04.11.1950: |
Der Frachtdampfer
VORWÄRTS läuft unter
Kapitän Willy Beykirch zur 1. Reise mit Stückgut beladen nach
Ventspils/UdSSR aus. |
02.04.1951: |
Die Alliierte Hohe
Kommission erklärt den Bau und Einsatz von allen Hochseeschiffen grundsätzlich für frei. |
02.08.1951: |
Übergabe des
Segelschulschiffes WILHELM PIECK an die Jugend der DDR. |
27.09.1951: |
Verordnung der
Regierung der DDR über die Gründung des "VEB Deutsches
Kontor für Seefrachten". Spezielles Organ zur Sicherung der
termingerechten Abwicklung des seewärtigen
Außenhandels (später Deutfracht u. Deutrans). Deren Bildung
erfolgte am 1. April 1952. |
01.01.1952: |
Auflösung der seit
Mai 1947 bestehenden Hafengemeinschaft Rostock-Wismar-Stralsund
und Umbildung von kommunalen in selbstständige volkseigene
Betriebe. |
01.07.1952: |
Gründung des VEB
Deutsche Seereederei Rostock (DSR), der Generaldirektion Schiffahrt (GDS) in der
Deutschen Zentralverwaltung für Verkehr unterstellt. Die DSR übernimmt vom
DSU-Betrieb Stralsund den Frachtdampfer VORWÄRTS sowie die
Schlepper CARL und SASSNITZ. |
01.07.1952: |
Gründung des VEB
Deutsche Seebaggerei Rostock (aus verschiedenen vorherigen
Einrichtungen). |
04.08.1952: |
Aus einem Schreiben
der Generaldirektion Schiffahrt: "Einer Beschäftigung
des Dampfers VORWÄRTS nach skandinavischen Ländern und Finnland
kann zunächst aus Gründen des Schutzes dieses neuen
Volkseigentums nicht
stattgegeben werden". |
01.03.1953: |
Übergabe des
Seeleichters FORTSCHRITT von der DSU an die DSR. Bis 1952
verkehrte das Fahrzeug als QUISTORP IV in den Küstengewässern.
Überwiegend im Pendelverkehr
von Wolgast zum Kraftwerk Peenemünde um Schwefelkoks zu befördern
bzw. Ziegelsteine zwischen den Häfen zu transportieren. Danach
lag es bis zur
Wiederverwendung in Greifswald. |
01.10.1953: |
Bildung des
Deutschen Seefahrtsamtes Rostock. |
01.01.1954: |
Übergabe der
DERUTRA in Volkseigentum. Rechtsnachfolger: VEB DEUTRANS,
Internationale Spedition. Der VEB DEUTRANS war das staatliche
Speditions- und Befrachtungsorgan, auch für den seewärtigen
Transport, und besaß das Transport- Monopol. Im Falle der
Befrachtung von Handelsschiffen der DSR trat DEUTRANS als
Reedersmakler auf. Er hatte die Interessen der DSR zu wahren und
lt. Vertragsregelung Ladung zu beschaffen und anzubieten. Die
Stauerei wurde den Seehäfen angegliedert. Spedition und Maklerei
verblieben bei DEUTRANS. In den Häfen Rostock, Wismar und
Stralsund bestand je eine Maklerabteilung. Diese Zusammensetzung
brachte nicht die gewünschten Ergebnisse, so dass ab 1. Januar
1955 die Maklerei als Abteilung Verkehr dem VEB DSR angeschlossen
wurde. Diese Abteilung trat als Bereich Seeagentur (Maklerei) mit
Niederlassungen in Rostock, Warnemünde, Wismar und Stralsund in
Erscheinung. |
01.04.1954: |
Der Hafenumschlag
kam in Eigenverantwortung der Seehäfen. Bis dahin wurde der
Hafenumschlagsbetrieb durch DEUTRANS geleitet. |
20.04. bis
10.10.1954: |
Die DSR - eine
Reederei ohne Schiffe, wenn man von den Schleppern CARL und
SASSNITZ (vgl. Serviceflotte)
absieht. Errechneter Zeitraum: FORTSCHRITT seit 00.02.1954 außer
Dienst, VORWÄRTS seit 20.04.1954 außer Dienst durch
Kesselschaden. ROSTOCK (1) in Dienst ab 11.10.1954. |
11.10.1954: |
Der Frachtdampfer
ROSTOCK (1) (Typ Kolomna), der erste auf einer DDR-Werft (VEB
Schiffswerft "Neptun", Rostock) gebaute Stückgutfrachter,
wird durch die DSR in Dienst gestellt (vgl. Dampfschiffe). |
|
Zur Erinnerung - 2
Die Seewirtschaft der DDR war 1952/53 in ihren Grundlagen
vorhanden. Aber noch bestanden große Disproportionen sowohl
zwischen den Zweigen als auch innerhalb der einzelnen Zweige. Es
dominierte der Schiffbau mit seinen rund 43.000 Beschäftigten.
Die Hochseefischer brauchten neue und ständig verbesserte
Kutter, Logger und Trawler. Neue Fangtechnologien mussten entwickelt
werden, Häfen, Logistik und Verarbeitung waren anzupassen.
Der Aufbau von Handelsflotte, Häfen und technischer Flotte
konnte im wesentlichen nur mit den vorhandenen Kapazitäten
geschaffen werden.
Im Laufe der Jahrzehnte erlebten die Kernbetriebe DSU und DSR
viele Strukturveränderungen bis hin zu Kombinatsbetrieben. In
dieser Struktur kamen beide Mammutunternehmen in die politische
Wendezeit der DDR ab 1989. Sie lösten sich während der Umbildung
der Kombinatsunternehmen in marktwirtschaftliche Betriebsstrukturen
auf und firmierten zunächst unter:
- Deutsche Binnenreederei GmbH (im Besitz der Treuhandanstalt)
bzw.
- Deutsche Seereederei Rostock GmbH (im Besitz der
Treuhandanstalt).
Mit Wirkung vom 1. Februar 1993 ging die Deutsche Binnenreederei
GmbH aus dem Besitz der Treuhandanstalt in das Eigentum der am 22.
November 1992 gegründeten Mittelständischen Binnenreederei und
Speditionsgesellschaft mbH über, die seit diesem Tag als Deutsche
Binnenreederei -Binnenschiffahrt - Spedition - Logistik-
Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Hauptsitz in Berlin
firmiert. Inzwischen gehört das Unternehmen mehr als 60
Gesellschaftern.
Die Deutsche Seereederei Rostock GmbH (im Besitz der
Treuhandanstalt) führte das operative Geschäft bis zum 2. Juni
1993. Danach ging die Reederei aus dem Besitz der Treuhandanstalt in
das Privateigentum der beiden Hamburger Kaufleute Horst Rahe und
Nikolaus Schües über und firmierte unter dem Namen Deutsche
Seereederei Rostock GmbH. Bilanzseitig erfolgte die Privatisierung rückwirkend
per 1. Januar 1993. Ab 1. Januar firmierten die neuen Eigentümer
unter Deutsche Seereederei Rostock GmbH (Holdinggesellschaft). |
Die weitere strukturelle Entwicklung der beiden
Reedereien ist mittlerweile auch schon wieder und damit erst recht
zu einem eigenen Thema erwachsen. |
Unser Dank galt Wolfgang für sein bis zuletzt
unermüdliches maritim-historisches
Wirken und für seine freundliche Genehmigung zur Verwendung seines
Textes.
* Siehe auch: Wolfgang
Müller, "Die Stunde Null. Kriegsende und Neubeginn im
Küstenbereich der heutigen DDR" mit 22 Abb. und 1 Karte im
"Jahrbuch der Schiffahrt 1985", transpress Berlin, Seiten
6–15 |
Von Wolfgang Jacob genannte, geschichtsträchtige
Schiffe bei uns erfahren.
"Die Wurzeln der DSR":
Seeleute Rostock e.V., 04.11.2010
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