|
www.seeleute-rostock.de/content/seaports/portstories/04temptations/hafenclubs.htm |
| SlR.ps04 [S3.F4] |
|
Autorenkollektiv
Verlockungen
Von Senoritas, Hafenbars und Interclubs
In: Havana, Kuba, Wakamatsu, Haiphong, Rostock, Shanghai, Penang, Colombo, und ...
Venceremos
Rolf Beckert
La Habana, Cuba, 1964. Eigentlich waren die Senoritas
im Zuckerrohr-Einsatz.
Aber eben nicht alle.
In Havanna gab es,
beispielsweise, den "Apple Club". Das Neon-Schild über dem
Eingang zeigte eine Schlange, die in einen Apfel (Apple) beißt. War
schon klar, wie es gemeint ist. Dämmerlicht. An den Wänden große
Muscheln mit indirekter Beleuchtung. Unsere Bezeichnung für den
"Apple Club" war 'Shorttime-Bude'.
Nebenan war das "Happy Land". Bisschen anderes Flair, aber ähnlich
dem "Apple Club".
Die nächste Eingangstür, in Richtung Bahnhof, war die "Anchor
Bar". In der Tür ist ein Bullauge. Es war beinahe wie auf einem
Schiff. Wenn du da am Tresen stehst, dauert es nicht lange und du wirst
von hinten gestreichelt und angesprochen mit "Hallo, Kapitano, how
are you?" Oh, oh, das ging tief.
Und bezahlen? (Ich meine die Getränke.) Wie ging das?
Ja, ganz in der Nähe der "Clubs/Bars",
hier in Havanna, war eine Tankstelle mit Werkstatt. So eine Einheit heißt
auf Amerikanisch "Garage". Zu meiner Zeit, damals 1964, war ja
noch einiges "amerikanisch". Da konnte man (fast) ganz anonym
eine Schachtel "Pall Mall", heißt dort "Pallo
Mallo", in einen Kassenschlitz legen, und heraus kamen 8 Peso.
Dies war unwahrscheinlich viel Geld. Davon kann man einen ganzen Abend
bestreiten. One-night kostete eine Schachtel Pallo Mallo.
In Cuba war für uns Seeleute ein (Devisen-) Zwangsumtausch vorgegeben.
1 Peso, also entsprechend 1 Dollar (4 DM-West), mussten
wir mindestens aufnehmen. Zurücktauschen war nicht möglich. Kaugummi
oder Rasierklingen waren ebenfalls eine gute Währung. Das Problem war
eigentlich nur - wie bekam ich diese Sachen runter vom Schiff?
Der Zoll hatte alles aufgerissen und selbst die Anzahl der Zigaretten in
den Landgangsschein eingetragen. War bissel kompliziert. Gefilzt haben
die vor allem nach Rasierklingen, Parfüm, Kosmetik allgemein,
Strumpfhosen und Reizwäsche usw. Gerade diese Artikel waren in Cuba unübertreffbare
Zahlungsmittel.
Liebe Leser, wir sind im Jahre 1964. Mit HeineKörner
in Kuba.
|
Confirmación
In diesen Worten mag sich wohl
der Eine oder Andere wiedererkennen:
Der "Apple Club" ist mir auch bekannt, auch den von Rolf
angeführten Begriff "short-time" bringe ich nur mit diesem
Club in Zusammenhang. Als Lehrlinge kannten wir ihn schon vom Hörensagen,
mussten auch einmal dort gewesen sein, aber um ehrlich zu sein, wohl gefühlt
hatte ich mich nicht. Das lag wohl am jugendlichen Alter (16 Jahre), der
Erziehung und an den abschreckenden Fotos bei der Ausbildung zum
Gesundheitshelfer. Wir redeten uns damals auch ein, dass der
sozialistische Seemann moralisch gefestigt sein musste - einfach weil er
kein passendes Geld hatte. -- Peter Z. |
Contestación
Diese Etablissements hatten nichts mit dem Interclub/Seemannsclub
Havannas zu tun, der sich etwa einen Kilometer vom Bahnhof/"Apple
Club" in Richtung der üblichen Anlegepiers "Sierra
Maestra" außerhalb der Rot-Licht-Zone, aber auch im
Altstadtbereich, befand oder noch befindet.
Eine weitere nette Geschichte dazu: Noch bis zum Dezember 1963
funktionierte und florierte das Rotlicht-Milieu um den Bahnhof herum in
voller Pracht und Ausgelassenheit. Aber ab Januar 1964 steckte der
"Maximo-Leader" viele freundliche und dienstbare Damen dieser
gastlichen Stätten in die olivgrünen Uniformen der Heimatmiliz. Die
Damen verstanden es, auch diese Bekleidung so eng zu gestalten, dass
ihre Vorzüge gut zu erkennen waren. Als junge Bengels haben wir ihre
Bemühungen, sich in den Straßen Havannas im Gleichschritt zu bewegen,
sehr gern beobachtet. Das muss wohl auch den Damen selbst einen
Heidenspaß gemacht haben, denn sie winkten oft verstohlen zu uns herüber
und provozierten dabei absichtlich so manches Chaos. Nur waren dadurch
abends zumindest vorübergehend die "Clubs" wie leergefegt, da
die dienstbaren Damen in ihren Kasernen bleiben mussten.
Wie es dann weiterging, weiß der Erzähler nicht, denn nach dem Ende
seiner "Fichte"-Zeit 1964 (vgl.
JGFichte)
ist er erst 1977 wieder nach Havanna gekommen. Die üblichen Hafen-Bars
existierten zwar noch, aber meistens war er dann doch mit anderen Leuten
verabredet und besuchte das "Nacional", "Habana
Libre", die "Bodega" oder als Kubaner verkleidet das
"Castillo", was für Ausländer offiziell nicht zugänglich
war und möglicherweise noch ist. Das ergab sich einfach durch seine
Funktion an Bord und seine Spanisch-Kenntnisse. -- Norbert S. |
¡Viva Cuba!
Verfall, Oldtimer, Sonne, Kubaner, Lebensfreude - 1974 - 2022
Diese größte Insel in der Karibik
und ihre Leute haben das einzigartige Flair und die Einstellung zum
kargen Leben bewahrt. Erinnerungen von 1974 fürs Leben ABa's DSR-Fotos ! Im Februar
1974 in Santiago de Cuba lud uns mein Amigo, ein Hafenarbeiter, auf
die "Isla del Tesoro" ein. Musik, Tanz, Ron und Cerveza ...
oh, oh! ;-) - Im März 1974 waren wir am Strand vor Casilda in für
uns warmer Karibik die einzigen Bader weit und breit. O-Ton eines
Kubaners: "Winter. Zu kalt." - Am 11. Juni 1974 waren wir
in Havanna bei der Übernahme von frischen Lebensmitteln wie dem
einzigartigen kubanischen Eis beteiligt. - Am folgenden Abend
besuchten wir im Interclub eine typische und wirklich mitreißende
Musicshow - wie ein kleines "Tropicana Caberet". Cuba
forever! |
1997 - Der BUENA VISTA SOCIAL CLUB wurde auf die Bühnen
der Welt gebracht - Riesen-Erfolg! |
2012 ff. - Das SAOCO Trio On Tour - Ambiente Cubano
mit der unvergessenen Flor († 2020) |
2019 - Im Dezember feierten wir |
2022 - Eine junge Generation erlebt
gleiche Eindrücke wie wir und besingt sie im kubanischen Sound: Candela. |
Vorschlag: Kuba im
Ganzen als kulturelles Welterbe der UNESCO deklarieren, um Insel,
Land und Leute vor uns Heuschrecken zu beschützen und dann
nachhaltig dabei zu helfen, zu zeigen wie es war und immer noch ist. |
|
ABa, SN/HRO/HH, 28.8.2022 |
Wakamatsu
Rolf Beckert
|
|
Vorn und hinten
einer
Zündholzschachtel.
Und wie man sieht,
aus einer Bar in
Wakamatsu/Japan.
|
|
"ASHIBI" sagen die Japaner dazu, was immer das auch
heißen mag.
Es gab eine Hinterhofkaschemme hier in Wakamatsu/Japan, der Name
war "ACB".
Wer ein Mädchen mitnehmen wollte (wohin denn eigentlich?),
musste, abhängig von der Uhrzeit, den "Geschäftsausfall"
für dieses Animiermädchen berappen.
Ihr wisst doch, wie das so funktioniert.
Und ihr, liebe Seelords, wisst auch, dass wir für solche Späße
gar kein richtiges Geld hatten.
|
|
Zeitkino
Gucke das Bild an, dann weißt du was im Kino läuft. Hätte
fast vergessen, zu sagen wo das war:
Mit der WERNER SEELENBINDER in Wakamatsu/Japan 1968.
Es war, wer den Begriff noch kennt, ein Zeitkino. Einmal bezahlen und
sitzenbleiben, bis man "Wurzeln schlägt". Nein, den Film erzähle
ich jetzt nicht.
Aber vielleicht so viel von der Darbietung: Der Film (bzw. die
Leinwand) war "Breitwand". Nun würde aber doch eine schöne
Frau, die mittig im Bild gezeigt werden soll, zu klein abgebildet
werden. Da gab es eine ganz einfache Lösung dafür: Bei der Aufnahme
wurde die Kamera um neunzig Grad gedreht, und schon war diese schöne
Frau in voller Größe auf der Leinwand, allerdings eben um neunzig Grad
gedreht (also jetzt quer im Bild). Und weiter, nur die
"wichtigen" Film-Stellen waren in Farbe, der Rest in
Schwarzweiß.
Unwahrscheinlich interessant, und für unsere (deutschen) Verhältnisse
etwas schockierend, war die Beheizung des Zuschauerraumes. Dort, wo bei
unserem "Landfilm" üblicherweise das Kurbelgerät zum Rückspulen
der Filmrollen steht, da stand ein eigenartiges "Heizgerät".
Zur Beheizung des gesamten Kinos. Das beschreibe ich jetzt: Ein großer
Gas-Ringbrenner, Durchmesser zwei Meter, wurde von hinten mit einem großen
Ventilator durchlüftet. Die erwärmte Luft wurde in den Raum geblasen.
Logo, es gab nun günstige und ungünstige Plätze für die
Kino-Zuschauer. Die warme Zugluft im Genick war einfach Geschmackssache.
Gut, die Eintrittspreise weiß ich nicht mehr, aber wir von der
SEELENBINDER genehmigten uns wahrscheinlich nur die Plätze: "Preis
geht gerade noch". Schön warm.
"Und der Film…?" "Naja, nicht
schlecht…!" |
Nhà hàng & Bar Thiên Ðuòng, Hài
Phòng
ABa
"Restaurant & Bar Paradise" von Nguyên
Ðúc Dung (2008), gefunden über Google Earth
Bei dem Foto erinnere ich mich nur zu gerne an Haiphong zurück. Ich
glaube, so oder ähnlich bot sich im Frühjahr 1975 der dort etablierte
Seemannsclub ("bei Antonio" am Hafentor) auch dar. Leider waren
unsere Fotoapparate unter Verschluss, aber etwas blieb im Geiste doch
haften.
Beim Herumstromern durch Haiphongs Straßen am ersten Abend und Aufsaugen
des dortigen Lebens waren wir von einer Horde "Hallo, hallo!"
rufender Kinder umringt.1) Viel lieber aber warfen
wir verstohlene Blicke nach den sehr freundlichen und dazu noch hübschen
Mädels. Und wir stellten die Sportverliebtheit fest - der Sportplatz war
"gerammelt voll".
Verlockendes Ziel war an diesem und an zwei weiteren Abenden der
Seemannsclub, wo wir uns im Hof des Areals an gegen tropische
Regenschauer überdachte Tische setzten. Hier ließen wir es uns
gefallen, verarbeiteten unser Tagwerk an Bord im Hafen und die neuen
Eindrücke aus dem für uns wirklich exotischen Haiphong. Wunderbar verstärkt
wurde dabei unser Wohlsein durch "Stolitschnaja" in
vietnamesischem Ananas-Juice mit original in Vietnam gerösteten Erdnüssen
dazu - das war Genuss pur ...
Einer von 10 Hao, die damals 1 Dong ausmachten
(1972)
|
1) Was Andreas
in seinem Geiste "verdrängte", haftet dafür noch in meiner
Erinnerung: In Haiphong sind uns nicht nur die Kinder hinterhergelaufen,
sondern auch die größeren Jungs. Die haben um Zigaretten gebettelt - und
die Kippen von uns aufgelesen und weitergeraucht. -- Rolf Beckert
2 Hao - kleine Geldscheine für die mittleren Werte
(1958)
|
Internationaler Klub der Seeleute, Rostock
Rolf Beckert |
|
Liebe Seelords,
meine Seemannsklub-Fotos sind nicht unbedingt der Renner. Aber
leider, so unverlockend sah der ehemalige Klub derzeit (2009) aus.
Es ist schade, wie so eine schöne Tradition absterben konnte.
Dieser "Internationale Klub der Seeleute" gehörte zu
unserer Seefahrt.
Wir haben noch in guter Erinnerung, dass wir nachts kostenlos von
hier mit einem Bus ("Robur" oder "Barkas") in
den Überseehafen "transportiert" wurden. Wer mitfahren
wollte. |
|
|
|
Internationaler Seemannsclub
Kurt-Wener Langer
Im Jahre 1970/1971 qualifizierte ich mich mit vielen anderen Kollegen
zum Abiturienten an der BBS der DSR im Krischanweg2).
Gleichzeitig mit uns waren dort auch noch viele Lehrlinge eingebunden.
Wir hatten meistens von 13.30 Uhr an bis gegen 18.00 Uhr oder sogar später
Unterricht. Unser Haupt durften wir im Haus Sonne betten2).
Die Zimmer waren statt mit 3 mit 6 Mann belegt. Dieses war dem Umstand
geschuldet, dass die Sonne auch als Lehrlingswohnheim diente. Ein
zweckentsprechender Bau wurde erst später eingenommen2). So
war die Hotelkapazität recht eingeschränkt. Was sollte man als junger
Mensch machen, wenn man aus der Schule kam, Hausaufgaben, aber dazu
hatten wir oft keine Lust. Meistens wurde dann am anderen Morgen in die
Bücher bzw. Hefte geschaut.
Das Haus Sonne kannten wir zur Genüge, und etwas Abwechslung tut dem
Menschen gut. So gingen wir oft in den Seemannsclub am Wendländer
Schilde vor der Nikolaikirche. Hier gab es immer gute Biere (Radeberger,
Wernesgrüner oder ähnliches), aber auch das geschmackvolle und
preiswerte Essen war ein Anziehungspunkt. Zum anderen war an zwei Tagen
die Woche auch Tanz, und nette Damen verkehrten hier. Manchmal wurde es
sogar ein wenig eng, weil auch noch Seeleute aus dem Hafen herangebracht
wurden. Es war stets eine ausgelassene Stimmung dort, und man konnte
einiges erleben. Hier schweigt des Sängers Höflichkeit.
Manchmal wollte man uns auch nicht einlassen, da wir kein Seefahrtsbuch
hatten. Aber mit der Zeit kannte man uns, und schon der Nachweis, dass
das Seefahrtsbuch eingezogen war, reichte dann aus. Es war ein
angenehmes Jahr, und wir nutzten den Club oftmals. Später vom Hafen aus
wurde der Club von uns nicht mehr so besucht. Auch wurde dann der
Seemannsclub in Oldendorf Nähe ÜSH aufgebaut und zu vielfältigen
Veranstaltungen genutzt2). Dieser wurde bald nach der Wende
dem Erdboden gleich gemacht.
Das Haus am Wendländer Schilde ging in den Besitz der ÖTV über und
wurde zum ersten Sitz der Kreisverwaltung Rostock. Nach dem Leerzug
wurde es mehrmals zum Verkauf angeboten, jedoch erfolglos. Und so
verfiel das Haus mehr und mehr, bis es dann nach Jahren einen Käufer
fand und dieser es zu Eigentumswohnungen umbaute. Zur Erinnerung wurde
der alte Schriftzug restauriert, und er ziert das Haus noch heute.
2) (B)BS, Sonne, Lehrlingswohnheim,
Seemannsclub Oldendorf - siehe Die Häuser
der DSR.
|
OZ vom 24.02.2010:
Berliner Investoren wollen
Klub der Seeleute beleben
Rolf Schneider versorgte uns mit
nebenstehendem Artikel zum
Thema, den wir auf Anfrage gerne
zusenden können.
|
"Rostocker Express" vom 11.04.2012:
Altstadt - "Klub" wird umgebaut - Besitzer hat Pläne.
So sollen acht Wohnungen, zwei Büros und eine Garage entstehen. Dabei
soll die historische Fassade erhalten bleiben. |
2013: So sah der Plan aus. Aushang in der linken Fensteröffnung des
Klubs. Foto: Rolf
Beckert, Chemnitz |
2014: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Und so
wird das Projekt um dieses Gebäude wohl zum vorgesehenen Ende bzw.
Nutzungsplan kommen. |
"Warnow Kurier" vom 23.07.2016: Seit Kurzem erstrahlt
der Internationale Klub der Seeleute in neuem Glanz. Mehr als zwei Jahre
wurde das markante Gebäude saniert. Mitte der 50er-Jahre wurde der
bekannte Klub der Seeleute speziell für Seefahrer aus dem In- und
Ausland eingerichtet. Dort gab es Musik und Barbetrieb - unter strenger
Bewachung der Stasi. Auch Hotelzimmer standen zur Verfügung. Später
zog der Gewerkschaftsbund FDGB ein. Nach der Wende stand das Haus leer
und verfiel. |
Nachtrag am 4.8.2019: FdGB-Lexikon, Internationaler
Klub der Seeleute |
Die Indianer-Rosi oder Rostock-Paulstraße
Rolf Beckert, etwa um 1965
|
Der Arzt des Medizinischen Dienstes für Verkehrswesen
der DDR (der Hafenarzt) konnte bei mir am Magen nichts finden. Deshalb
schickte er mich zum Röntgen. Das Fräulein Sprechstundenhilfe gab mir
den Überweisungsschein für das Röntgen mit den Worten "Poliklinik
Paulstraße". Dieses Paulstraße dabei aber auffällig
stark überbetonend. "Und wo ist das, bitte?", fragte ich.
"Kennen sie die Paulstraße nicht
--- Sie sind doch ein Seemann." Paulstraße? - Seemann? Es
wollte einfach nicht 'klicken'. "Na, die Paulstraße, die
Hautklinik, da müssen doch alle Seemänner hin, die sich einen ---
Schnupfen eingefangen haben", schob sie nach.
Lieber Leser, jetzt ist geklärt, was dort los ist - eine Hautklinik.
Aha! Und falls es noch Fragen gibt: Da müssen die Seemänner hin, mit
--- Schnupfen!
Ich, mit meinem Überweisungsschein zum Magenröntgen, war da ein ganz
harmloser Fall, ich passte dort gar nicht richtig hin. Die Stammkunden
hatten sich, so sagten sie, mit ETWAS
angesteckt. Vielleicht bei der Manuela, der Indianer-Rosi oder einer Schönheit
in Veracruz.
Na, so was Blödes aber auch. Schmunzel, schmunzel. Der Bootsmann der
EMMA* - so gab es ein Gerücht - wurde in der Haut-Abteilung in der
Paulstraße bereits erwartet, wenn sein Dampfer wieder mal in Rostock
lag.
* Der Name des Dampfers unterliegt der ärztlichen
Schweigepflicht, sorry.
Andere Patienten sagten etwas schüchtern, sie müssten jetzt viel
Penizillin schlucken, vielleicht wegen einer Mittelohrentzündung. Na,
sowas. Schmunzel.
Mein Röntgenbild? Alles ok. Das Seefahrtsbuch wurde wieder
freigegeben.
Und Rostock, Paulstraße? See you later, alligator ;-) |
Im Dicken Pisser
Autorenkollektiv@Facebook, Juli 2024
|
Lindenhof, Gehlsdorf |
Jürgen Seifert: Vor 55 Jahren Treffen der
Maschinengang mit Koch im "dicken Piss....". Zum ersten Mal seit
Übernahme von den Norwegern in Rotterdam wieder in Rostock-Ölhafen mit
MT Wolfen. Vielleicht erkennt sich noch jemand??? 2. von links Koch
Mario Richter. Storekeeper ist auch noch zu erkennen. Meine Wenigkeit
neben Mario. Am Fenster re. glaube ich einen von Deck zu erkennen.
Jürgen Seifert, Chemnitz |
Christian Baumgart: Oh, jaaa. Der legendäre
'dicke' Lindenhof... Als Kind mit Opa und auch später oft zum
Mittagessen gewesen. Bin im schönen Gehlsdorf aufgewachsen und habe dort
vierzig Jahre gelebt. Legendär die Klos in der Tiefe. Habe zu Mäcki,
einem der ehemaligen Kellner, noch Kontakt. Die letzte Chefin, ich
glaub, sie hieß Evi, war die Mutter meiner Klassenkameradin, dadurch
haben wir dort oft gefeiert. Vatern hat immer für 5 Mark in der
Kegelbahn, die sich im Keller befand, die Kegel aufgestellt, er hat sich
dort als Halbstarker immer Geld dazu verdient. Dann stand noch,
allerdings vor meiner Zeit, auf dem Grundstück, das immer noch voller
alter Linden ist, eine Schießbude. In den 90er Jahren war dann Schluss,
heute stehen auf dem Gelände neue Wohnhäuser.
Mein Vater wohnt seit seiner Flucht aus Danzig 1945 immer noch in
Gehlsdorf. Wenn wir schon dabei sind, möchte ich noch Onkel Toms Hütte
in der Amtsstrasse und den legendären Warnowblick in Langenort, die es
beide auch schon seit 30 Jahren nicht mehr gibt, erwähnen. Eine
Erinnerung in eine entschleunigte, ganz andere Zeit.
Als Papa mit der OELSA oder anderen Schiffen in den Stadthafen einlief,
war ich fast immer am Warnowufer und habe das Einlaufen angeschaut,
meist auch dabei geangelt. Manchmal musste das Schiff auf Mist rutschen,
weil die Warnow zu flach war. Mit Voll Zurück gewendet, dann war die
Warnow tiefschwarz. Wisst Ihr, dass es ein Regierungsabkommen gab, das
den Holzframos eine Mehrbeladung aus russischen Ostseehäfen erlaubte?
Eine spezielle Tonnagemarke gab es auch. Euch aus Hamburg einen schönen
Mittwoch! Christian.
Danke, Christian, du bestätigst unsere Anmerkung zur Lademarke, siehe
Schiffstechnik &
Seemannsc/haft #2.17 |
Klaus Ammersdoerfer: Ja,
Lindenhof ist richtig. Ich erkenne auch noch die Gardinen!!! 23.45 mit
dem letzten Bus zum Überseehafen. Im ersten Lehrjahr auf der Körner
hatten wir Lehrlinge 3x die Gelegenheit den dicken "Lindenhof" zu
besuchen. Auf der Fichte waren wir länger unterwegs und hatten nur 1x
das Glück dort zu sein! Unvergessen der Schlüpfertanz! Plötzlich lag ein
grüner dicker Damenschlüpfer auf der Tanzfläche. Jeder, der in die Nähe
des Schlüpfers kam, versuchte diesen mit dem Fuß in die Luft zu
schlagen. Sie landeten fast immer jemandem auf der Schulter, und das
Gegröhle war lauter als die Musik. Einige Stories vom "Dicken" kennen
viele aus meinen Büchern! Das war noch Seefahrt, oder? |
Peter Duwe: Die Bierkrüge sehen
nicht schlecht aus. Aber hatte das Bier auch geschmeckt? Ich war nie bis
in diese Kneipe gekommen. Sie war von der Südstadt irgendwie zu weit
weg. Wie hieß sie eigentlich richtig??? Ich habe noch irgendwas mit
Linde im Gedächtnis. |
Jürgen Seifert: Hallo, Linde
kann sein. Ich kenne nur diesen Namen und die Schießbude. Ich war nur 1x
dort bedingt durch die Nähe des Ölhafen. Ja die Bierkrüge, eine Gefahr
für das Leben, denn nach 22 Uhr wurden sie zu WURFGESCHOSSEN; viele
Mollys...... |
Jürgen Altmann: Meiner Meinung
nach war der offizielle Name Lindenhof. Einzige Bahn dahin und zurück
war die Tram Linie 4 (Linie 4, "Lumpensammler". Nur in Holz. Bis 1974,
dann Busverkehr.). War die letzte Bahn weg, dann freute sich ein
Taxifahrer. |
Wolf Kaiser: Der "Lindenhof",
so die offizielle Bezeichnung, war auch als "Dicker Ast" oder etwas
derber als "Dicker Pisser" in einschlägigen Kreisen gut bekannt. Oft gab
es Schlägereien, der furchtbar steile hölzerne Niedergang zum Klo war
allein schon ein AS-Vergehen. Grau mit Ölfarbe gepönt. Wer da ins
Rutschen kam im Suff, war schneller unten als man Amen sagen konnte. Und
der Schießbudenfrau wurde gelegentlich auch mal eins hinten aufgebrannt.
Die trug, wenn ich mich recht erinnere, Lederhose, quasi als
"Kugelfang". Eigentlich war's nur ein Saufhaus, aber Sonntags wurde auch
live gespielt. ("Unisonos" aus Rostock?) |
Peter Duwe: Naja, die beiden
„Dicken“ Namen kannte ich auch. Ich hatte Montags immer von meinen
Lehrlingskumpels gehört, was da so los war. Heute ist diese olle
„Stampe“ dafür legendär. |
Die Schauergeschichten aus dem "Dicken Pisser" in
Rostock-Gehlsdorf gingen durch aller Munde, egal des Daseins, ob als
Sailor oder als "Molly". Warum nur dieser Zwiespalt zwischen Militär-
und Zivilschifffahrt? Es sind eben zwei sehr unterschiedliche Sparten
der Seefahrt, die einfach nur Spaß haben wollten. Dafür ein sagenhaftes
Lokal - mit wenig Anziehungskraft. Aber irgendwie magnetisch für die
jungen Seeleute in Rostock. |
Shanghai
International Seamen's Club
ABa
"Shanghai-Andenken 1975" von ABa, Hamburg (3.6.2015)
Durch einen äußeren Anstoß fiel mir Shanghai wieder mal ein. Vom
22. bis zum 24. April 1975 war ich mit der FRIEDEN dort, und am Abend des
23. April ließen wir uns per Taxi zum Seemannsclub fahren, wobei natürlich
die Bilder der Stadt nur so vorüberflogen. Von diesen chinesischen
Fahrzeugen waren wir übrigens begeistert: "Es waren nur das
Singen der Reifen auf dem Asphalt und das Klappern der Ventile zu hören.
Und die Federung war vielleicht gut!" Im Seemannsclub
schweiften unsere Blicke zunächst über die wahnsinnige Auslage dieses
bekannten Buches in Sprachen aller Herren Länder, aber dann gaben wir
unser Geld lieber doch im Shop für schönere Dinge aus. Das Foto oben
zeigt einen Teil meines Erwerbs, meine ach so blau geliebten Trinkgläser
und das Glasbehältnis einer chinesischen Alkoholität, die an Bord lange
vor einer weiteren geleert war. Mit diesen Stäbchen versuchten wir
sodann im Restaurant zunächst unser Mahl einzunehmen: Mixreis mit
Bambusspitzen und Champignons. Die aber waren so kugelrund, dass wir bald
wieder zu gewohntem Besteck griffen. Das Gericht hatte uns sehr gut
gemundet. Pünktlich zur nächtlichen Wache waren wir wieder an Bord.
Am 2.6.2015 nun interessierten mich unsere damaligen Wege, und ich begann
mit der Suche. Beim Shanghai_Club_Building las ich, dass hier seit 1949 der Seemannsclub eingerichtet
war, und dass es in der zweiten Etage die berühmte "Long Bar"
gab, der wohl weltweit längsten Bar in einem Stück. Es war eine L-förmige
Bar aus unpoliertem Mahagoni, die 34 Meter in der Länge maß. Jemand
meinte "beim Drauflegen seiner Wange, dass er die Krümmung
der Erde sehen könne." (Der historische "Shanghai
Club" beherbergt nun das "Waldorf Astoria Shanghai on the
Bund".) Dabei lernte ich den Namen dieser Uferstraße bewusst
kennen: "Bund". 1971 soll das Gebäude zum Dongfeng Hotel
geworden sein. In welchem Gebäude nun waren wir 1975? Ich kann mich nur
in Fetzen an eine großzügige Treppe nach oben erinnern, an eine obere
Ballustrade (?), an den Shop und an das geräumige Restaurant. Ich
startete eine Gästebücher-Aktion und erhielt Antworten. Danke schön!
Auch wenn wir betreffs der Lokationen des Seemannsklubs weiterhin ratlos
waren:
"Hallo Andreas, du stellst eine gute Frage. Ich war 1969 das
erste Mal dort. (Also doch noch zu Zeiten
des Seemannsclubs im "Shanghai Club"!) Wir lagen
direkt gegenüber dem Bund auf dem Fluss, später auch an der Pier.
Leider war Fotografieren nicht möglich, sonst hätte man sich besser
erinnern können. Zum Seemannsclub sind wir durch ein paar Nebenstraßen
hin zum Bund gelaufen, aber an das Gebäude kann ich mich absolut nicht
mehr erinnern, nur dass ich von dort die Mao-Bibel mitgenommen habe, die
bei mir noch im Regal steht. Außerdem eine feine Lederjacke und jede
Menge Konserven, die an Bord geliefert wurden." -- Friedrich S.
"Hallo Andreas, habe deinen Eintrag im Gästebuch unserer
Webseite gelesen. Mir geht es wie dir. Ich war 1976 in Shanghai gewesen.
Ich GLAUBE, dass es da schon die Bar mit der Riesen Theke nicht mehr gab.
Wo der Seemannsclub nun war, habe ich auch vergessen, obwohl ich mich an
das tolle Essen dort noch gut erinnern kann." -- Wolfgang K.
Wir hatten damals wirklich anderes im Kopf, als uns mit Liegeplätzen,
Wegen und Bauten, also mit den Gegebenheiten vor Ort, so richtig vertraut
zu machen ... Und die Fotoapparate waren auch hier in der Transitlast
eingeschlossen ...
Bei einer erneuten Suche wurde ich bei der NEW YORK TIMES fündig. Im Artikel "Seeleute beklagen: Was
sollen sie in Shanghai anfangen?" vom 5.11.1982 liest man,
"Der Seemannsclub, der im eleganten alten russischen Konsulat
am Wasser, wo der stinkende Suzhou Fluss in den schlammigen Fluss Huangpu
fließt, untergebracht ist, ...". Aber ist das glaubwürdig?
Internationale Aktivitäten im Russischen Konsulat ?
H.-J. Mathy verweist dagegen auf ein noch am Bund gegenüber dem
russischen Konsulat und dem Broadway Mansions am anderen Ende der Waibaidu-Brücke gelegenes Gebäude, wie wir nun unter Plötzlich fehlte
einer ... zeigen. |
Hong Kong Bar, Penang, Malaysia
Konrad Völkel |
|
Dieses
Lokal war bei unseren Fernost-Fahrern beliebt, konnten sie doch in einem
Fotoalbum nach Kollegen von ihren Reisen suchen. Denn das war auch schon
so ein Usus dort, nach dem zweiten Bier wurde die Gruppe am Tisch
fotografiert, um ein paar Zeilen gebeten, und diese landeten zusammen mit
dem Bild in Einsteckalben.
Ob es dort die Fotos und Worte unserer Seefahrer noch gibt?
|
|
Ein Foto aus dieser Bar in Georgetown/Penang vom 3.6.1984.
Besatzungsmitglieder des MS "Sondershausen" von links: Koch
Konrad V., Maschinen-Assistent, Mitte hinten Steward E. V., vorn
Stewardess Sabine S., rechts Maschinen-Assistent. Siehe dazu auch Auf
80er Asienfahrt. |
Colombo/Ceylon
Rolf Beckert, Chemnitz |
Handwerk, Schmuck und Edelsteine - ach wie schön. |
Bling, Bling - asiatische Kunsthandwerke, Schmuckstücke
und Edelsteine in Colombo, Ceylon (1963)
|
Aber eben nicht für uns DDR-Seeleute.
Dafür reichten unsere paar Pfennige Handgeld in harter Währung doch
nicht. Für die Eltern oder eventuell für die Freundin brachten wir aus
Ceylon einige Dosen Ananas mit nach hause. Das war damals eine echte Rarität.
Und nicht zu vergessen, eine Packung CEYLON-TEE. "Meine"
Teepackung hatte die Größe eines Ziegelsteins, gepresst. Irgendwie war
die Packung aufgerissen, wahrscheinlich vom Zoll "zur Kontrolle geöffnet".
Die zum Teil sehr hohe Luftfeuchtigkeit an Bord brachte meinen Tee zum
Schimmeln. Vielleicht war dies die eigentliche Würze; eben
ECHT-CEYLON-TEE. Meine weiteren Mitbringsel nach hause waren elf Kokosnüsse.
Anno 1963. |
Quellen der Nationalflaggen: Wikipedia: Liste_der_Nationalflaggen ,
www.flaggenlexikon.de/
und
Wikipedia: Flagge_der_Deutschen_Demokratischen_Republik
Präsentation der Abbildungen mit Shadowbox, © 2007-2010 M.J.I. Jackson
Herzlichen Dank an euch für eure
Klub-Erlebnisse und -Reliquien!
Wer mehr zum Thema beisteuern möchte:
webmaster@seeleute-rostock.de
"Verlockungen": Seeleute Rostock e.V.,
2010-2015
|
|
13.07.2024 |
|
|
|
"Tradi" - Fakten |